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Liebesromane an einem Ort

reader.chapterEin gefährliches Angebot


Lena Meyer

Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch die schmalen Fenster des Start-up-Büros und brachen sich auf den Ziegelwänden, während Lena kraftvoll durch die Tastatur ihres Laptops tippte. Ihre smaragdgrünen Augen waren auf den Bildschirm fixiert, die Falten zwischen ihren Brauen zeugten von Konzentration. Der Duft frisch gebrühten Kaffees mischte sich mit der gedämpften Energie des morgendlichen Teams, doch Lena nahm kaum etwas davon wahr. Sie war in ihrem Element, bis ein flüchtiges Geräusch und eine plötzliche Bewegung sie aus ihrer Gedankenwelt rissen.

„Lena, das solltest du dir ansehen.“ Jonas, ihr Teammitglied, stand hinter ihr und hielt ein Tablet in der Hand, die Finger knochig und angespannt um das Gerät gekrallt. Seine Stimme hatte einen ernsten Unterton, der eine Welle der Unruhe in ihr auslöste.

Sie griff nach dem Tablet, ihre Finger berührten flüchtig die kalte Kante des Bildschirms. Die Schlagzeile war wie ein Messerschnitt: „Westhof Enterprises erhöht massiv die Investitionen in künstliche Intelligenz und Algorithmen-Entwicklung.“ Ihr Herz setzte einen Schlag aus, bevor es heftig gegen ihre Rippen trommelte.

„Das Timing ist... auffällig“, bemerkte Jonas trocken, seine Stimme ein Hauch zu angespannt, während er sich auf die Kante ihres Schreibtisches lehnte.

Lena zwang sich, die Details zu lesen. Das Projekt, das Philipp Westhofs Unternehmen angekündigt hatte, trug die deutlichen Umrisse ihrer eigenen Vision. Ihr Algorithmus, ihre Idee – nur in einem glänzenderen Gewand präsentiert. Es war, als hätte jemand ihr Herzstück genommen und es für einen anderen Zweck umgeformt.

„Das ist eine gezielte Attacke“, murmelte sie, mehr zu sich selbst als zu Jonas.

„Das könnte uns ruinieren“, sagte Jonas leise, und seine Worte schienen in der Stille des Raumes widerzuhallen.

Lena ließ das Tablet sinken, ihre Augen trafen Jonas’ Blick – ein Funken Entschlossenheit inmitten ihres aufkeimenden Zweifels. „Noch nicht. Was wir haben, können sie nicht kaufen. Integrität. Und das wird uns abheben.“

Jonas schnaubte leise. „Integrität zahlt keine Rechnungen, Lena. Und ohne Investoren...“

„Wir haben nicht so lange gearbeitet, um jetzt einzuknicken.“ Ihre Stimme war fester, als sie sich fühlte, aber sie musste die Zuversicht ihres Teams aufrechterhalten.

Die nächsten Stunden wurden zu einem Wirbel von Anrufen, hitzigen Diskussionen und angespannten Gesichtern. Das Team sammelte Ideen, wälzte Strategien und versuchte verzweifelt, einen Weg zu finden, um dem Schatten von Westhof Enterprises zu entkommen. Doch die Unruhe war greifbar. Selbst die lebendigen Farben der Möbel und der vertraute Duft von gemahlenem Kaffee schienen nicht gegen die drückende Schwere anzukommen, die sich im Raum ausbreitete.

Am späten Nachmittag betrat ein Kurier das Büro und überreichte Lena einen Umschlag. Die Gespräche verstummten, als sie den Umschlag öffnete, die Fingerspitzen leicht zittrig. Die Karte darin war schlicht, geprägt auf hochwertigem Papier, mit wenigen, aber gewichtigen Worten.

„Ein Treffen?“ Jonas lehnte sich über ihre Schulter, sein Atem warm und leicht unruhig.

„Nein“, sagte Lena langsam, „ein Angebot.“ Ihre Augen fuhren noch einmal über die Worte, als wollte sie sicherstellen, dass sie sich nicht irrte. Philipp Westhof lud sie zu einem Abendessen ein – ein privates Gespräch in einem der exklusivsten Restaurants der Stadt.

„Das ist eine Falle“, sagte Jonas sofort, seine Stimme scharf wie ein Messer.

„Oder eine Gelegenheit“, erwiderte Lena, ohne den Blick von der Karte zu lösen.

Jonas schüttelte den Kopf. „Er will dich manipulieren, Lena. Das ist Westhof. Du weißt, wie er spielt.“

Lena hob den Kopf, ihre Augen trafen die von Jonas. „Und genau deshalb muss ich hingehen. Wenn er denkt, ich lasse mich einschüchtern, hat er sich geschnitten.“ Ihre Stimme war ruhig, doch in ihr tobte ein Sturm aus Unsicherheit und Trotz.

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Der private Raum des Restaurants war eine Oase der Opulenz. Samtvorhänge in tiefem Burgunderrot schirmten die Außenwelt ab, während ein Kristallleuchter warmes, schimmerndes Licht auf die polierte Tischoberfläche warf. Lena fühlte die Kühle des Marmorbodens durch ihre flachen Schuhe hindurch und spürte, wie ihre Hände sich unwillkürlich zu Fäusten ballten, ehe sie sie wieder löste.

Philipp Westhof saß bereits da, eine Hand lässig auf die Rückenlehne seines Stuhls gelegt, die andere um ein Glas Rotwein geschlungen. Sein Lächeln, das er ihr zuwarf, war ebenso charmant wie undurchdringlich.

„Ms. Meyer“, begrüßte er sie mit seiner tiefen, kontrollierten Stimme, die den Raum zu füllen schien.

„Herr Westhof.“ Lena setzte sich ihm gegenüber, ihre Haltung aufrecht, auch wenn sie die Nervosität nicht ganz abschütteln konnte. Ihre Augen glitten unmerklich über die makellose Tischdekoration, bevor sie sich auf Philipp konzentrierten.

Der Kellner brachte die Getränke, doch Lena rührte ihr Glas nicht an. Sie war sich der subtilen Spannung bewusst, die zwischen ihnen schwebte, unausgesprochen, aber allgegenwärtig.

Schließlich war es Philipp, der das Schweigen brach. „Ich bewundere Ihren Mut. Viele hätten sich nach den heutigen Schlagzeilen bereits zurückgezogen.“ Seine Worte trugen die Anmut eines Kompliments, doch die Kanten waren scharf.

„Ich glaube an meine Arbeit“, erwiderte Lena ruhig. „Und ich lasse mich nicht so leicht einschüchtern.“

Philipp legte den Kopf leicht zur Seite, ein Hauch von Amüsement in seinem Blick. „Das sehe ich. Genau deshalb wollte ich dieses Gespräch führen.“

„Dann kommen Sie zum Punkt.“ Lena verschränkte die Arme vor der Brust, ihre Stimme blieb fest.

„Ihr Algorithmus ist beeindruckend“, begann er, seine Worte sorgfältig gewogen. „Aber selbst die brillanteste Idee braucht Ressourcen, um zu wachsen. Netzwerke, Kapital – Dinge, die ich Ihnen bieten kann.“

Lena hob eine Braue. „Und was wollen Sie im Gegenzug, Herr Westhof?“

„Eine Partnerschaft.“ Philipp lächelte nachsichtig, ließ die Worte einen Moment in der Luft hängen. „Westhof Enterprises könnte Ihnen helfen, Ihre Vision zu verwirklichen. Gemeinsam könnten wir den Markt verändern.“

„Oder Sie könnten mich einfach aus dem Geschäft drängen“, konterte Lena, während sie ihren Blick fest auf ihm hielt.

Philipps Lächeln vertiefte sich minimal, doch seine Augen blieben ernst. „Das wäre eine Option. Aber ich bevorzuge elegantere Lösungen.“

„Eleganter für wen?“ Lenas Stimme war scharf, ihre Augen funkelten.

„Für uns beide.“ Philipp lehnte sich zurück, als wolle er die Dynamik des Gesprächs neu justieren. „Es gibt eine gewisse Schönheit in einer gut durchdachten Zusammenarbeit, Ms. Meyer. Manchmal muss man seine Überzeugungen anpassen, um das größere Ziel zu erreichen.“

Ein Moment des Schweigens folgte, während sich ihre Blicke trafen – ein Tanz aus Herausforderung und Analyse. Lena spürte, wie Philipps Worte in ihr nachhallten, wie sie an den Rändern ihrer Entschlossenheit nagten.

„Das bewundere ich an Ihnen“, fügte Philipp schließlich hinzu, seine Stimme leiser, fast intim. „Aber glauben Sie mir, Ms. Meyer, die Welt ist nicht so einfach, wie Sie es sich wünschen. Wenn Sie wirklich etwas verändern wollen, brauchen Sie Verbündete. Und ich könnte der mächtigste Verbündete sein, den Sie jemals haben werden.“

Lena atmete tief ein, um die Spannung in ihrer Brust zu lösen. Die Versuchung war da – die Möglichkeiten, die er anbot, waren verlockend. Doch sie wusste, dass nichts, was Philipp Westhof anbot, jemals ohne einen Preis kam.

„Ich werde darüber nachdenken“, sagte sie schließlich und erhob sich.

„Das sollten Sie.“ Philipp stand ebenfalls auf, seine Haltung so mühelos kontrolliert wie seine Worte. „Aber vergessen Sie nicht: Manche Gelegenheiten kommen nur einmal.“

Als Lena das Restaurant verließ, schlug ihr die kalte Nachtluft ins Gesicht. Sie zog ihre Jacke enger, während sie durch die Straßen ging, die von den Lichtern der Wolkenkratzer erhellt wurden – diese Riesen, die über der Stadt thronten, wie die Kontrolle selbst. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass die kommenden Tage entscheidend sein würden.

Egal, wie schwer es wurde, sie würde ihren Weg finden. Ihren eigenen Weg.