Kapitel 2 — Schatten des Pakts
Erich Coldfang
Blutroter Mondschein fiel wie eine Wunde durch die zerrissenen Baumkronen des Ostmark-Waldes, tauchte die Schattenopferstätte in ein unheimliches, pulsierendes Licht. Die schwarzen, glänzenden Steine, die den Kreis bildeten, ragten aus dem Boden wie erstarrte Schatten, ihre Oberflächen glatt und kalt wie die Haut eines Toten. Ein beißender Gestank nach altem Blut und verbranntem Fleisch hing schwer in der Luft, mischte sich mit dem dumpfen Moder des Waldes, der unter der Korruption ächzte. Der Nebel, dicht und lebendig, kroch über den Boden, formte groteske Gestalten, die sich wanden, als hätten sie eigene, hungrige Seelen. Ein fernes, verzerrtes Knurren hallte durch die Bäume – kein Wolfsheulen, sondern etwas Tieferes, Unnatürliches, das die Haut mit eisigem Grauen überzog.
Inmitten des Kreises kniete ich, Erich Coldfang, die vernarbten Hände auf den rauen Boden gedrückt, während der Mond mein Gesicht in Schatten tauchte. Neue Narben, frisch und wund von meinem letzten Kampf mit Kyle, brannten wie Feuer auf meiner Haut, aber sie waren nichts gegen die brodelnde Wut in meinen Eingeweiden. Meine grauen Augen glühten, erfüllt von einem fanatischen Hass, der mich seit Jahren antrieb – seit ich verstanden hatte, dass die Kuratoren, diese verfluchten Bluthexen, uns Wölfe zu Sklaven degradiert hatten. Der Wind, kalt und scharf wie eine Klinge, strich über meine ungepflegte Gestalt, trug das Echo eines Kreischens mit sich, das aus den Tiefen der Stätte selbst zu kommen schien. Ich hob die Obsidianklinge, ihre schwarze Schneide schimmerte im Mondlicht, während meine Anhänger – ein Dutzend zerlumpter Gestalten mit gesenkten Köpfen – im Halbkreis um mich herum kauerten. Ihre Augen, einst bernsteinfarben wie die eines wahren Wolfs, flackerten nun in einem kranken Gelb, ihre Haut durchzogen von schwarzen Adern, die wie Wurzeln unter der Oberfläche pulsierten.
„Erhebt euch nicht, bevor ich es euch erlaube“, knurrte ich, meine Stimme ein tiefes, unheimliches Echo, das von den Steinen widerhallte. Sie zitterten, ihre Körper angespannt, ihre Furcht so greifbar wie der Nebel, der uns umhüllte. Keiner von ihnen wagte es, mich anzusehen. Gut so. Loyalität war ein zerbrechliches Ding, aber Angst – Angst war eine Kette, die nicht brach. Ich spürte ihre Blicke, ihre Zweifel, doch es kümmerte mich nicht. Sie waren Werkzeuge, nichts weiter, und heute Nacht würden sie Zeugen meiner endgültigen Befreiung werden.
Mit einer langsamen, bewussten Bewegung zog ich die Klinge über meine Handfläche, ließ das Blut in dicken, dunklen Tropfen auf den Boden fallen. Der Schmerz war scharf, aber willkommen, ein Beweis meiner Entschlossenheit. Die Erde unter mir vibrierte, als ob sie gierig nach mehr lechzte, und ein leises, kehliges Flüstern erhob sich aus den Tiefen, Worte, die keine Sprache der Lebenden waren. Die Macht, die ich gerufen hatte, war alt – älter als die Kuratoren, älter als die ersten Wölfe. Sie war eine Korruption, die unter den Steinen dieser Stätte geschlummert hatte, bis ich sie mit meinem Hass geweckt hatte. Und jetzt würde sie mir gehören.
„Hör mich, Schatten unter der Erde“, sprach ich, meine Stimme hart und kalt, während ich die blutige Klinge in den Boden stieß. „Ich biete dir mein Blut, meine Wut, meinen Schwur. Gib mir die Stärke, die Ketten zu sprengen, die uns binden. Gib mir die Macht, die Welten zu zerstören, die uns trennen. Die Kuratorin und ihr Hund werden fallen – ihre Asche wird der Boden für unsere Freiheit sein!“
Die Luft wurde schwerer, als ob ein unsichtbares Gewicht auf uns herabdrückte, und die Steine des Kreises begannen zu glühen, ein krankes, gelbliches Licht, das durch die Ritzen kroch. Meine Anhänger keuchten, einige wichen zurück, doch ein scharfer Blick von mir ließ sie erstarren. Dann spürte ich es – eine eisige Kälte, die durch meine Adern schoss, als ob etwas Lebendiges in mich eindrang, sich mit meinem Wesen verschmolz. Die schwarzen Adern, die bereits meine Arme zeichneten, vertieften sich, breiteten sich aus wie ein Netz, das meinen ganzen Körper umschloss. Meine Augen, ich wusste es ohne Spiegel, leuchteten nun in demselben unheilvollen Gelb, das meine Anhänger kennzeichnete. Doch bei mir war es anders – intensiver, hungriger. Die Verwandlung, die einst dem Mond gehörte, gehorchte nun nicht mehr seinen Zyklen. Sie war ständiger Schmerz, ständige Macht, ein Wandel, der in meinen Knochen knirschte und meine Muskeln mit roher, unnatürlicher Stärke füllte.
Ich erhob mich, die Klinge noch in der Erde, und wandte mich meinen Anhängern zu. Ihre Gesichter, verzerrt von Furcht und Ehrfurcht, starrten zu mir auf, ihre Körper zitterten unter der Wucht der Energie, die durch die Stätte strömte. „Seht mich an“, befahl ich, meine Stimme ein Knurren, das die Bäume erzittern ließ. „Seht, was wir werden können, wenn wir die alten Ketten sprengen. Die Kuratorin glaubt, sie kann uns beherrschen, mit ihrem Silberblut unsere Seelen knebeln. Aber wir werden ihre Welt in Asche legen. Wir werden die Grenzen niederreißen, bis nichts mehr zwischen uns und unserer Freiheit steht!“
Einige nickten, ihre gelben Augen leer, während andere den Blick senkten, unfähig, meinem starren Hass zu widerstehen. Sie waren schwach, aber sie würden dienen. Ihre Körper trugen bereits die Zeichen der Korruption – ihre Verwandlungen kamen nun ohne Mond, ihre Gestalt ein schmerzhafter, grotesker Zwischenzustand, halb Wolf, halb etwas anderes, etwas Dunkleres. Ich spürte ihre Qual, aber sie bedeutete mir nichts. Schmerz war der Preis der Macht, und ich hatte meinen eigenen längst bezahlt.
Der Nebel verdichtete sich, formte Schatten, die sich wie Finger nach uns ausstreckten, und das Flüstern aus der Erde wurde lauter, ein Chor von Stimmen, die in meinem Kopf widerhallten. Doch für einen Moment, als die anderen sich abwandten, um die Stätte zu sichern, war ich allein. Ich blickte auf meine Hände, auf die schwarzen Adern, die unter der Haut pulsierten, und ein Flackern – nur ein winziger, flüchtiger Moment – von Unsicherheit durchzuckte mich. Diese Macht war ein Geschenk, aber auch eine Bürde. Was, wenn sie mich verschlang, so wie sie die anderen langsam zerfraß? Was, wenn ich am Ende nicht der Herrscher, sondern der Sklave war? „Sie werden mich nicht brechen… nicht wie ihn“, murmelte ich, meine Stimme kaum hörbar, ein bitterer Gedanke an meinen Vater, der einst geglaubt hatte, die Kuratoren besiegen zu können, nur um von ihrer Magie zermalmt zu werden. Ich schüttelte den Kopf, die Narben in meinem Gesicht verzerrten sich zu einem grimmigen Lächeln. Nein. Ich war stärker. Ich würde nicht fallen.
Ein verzerrtes Heulen, unnatürlich und durchdrungen von der Korruption, die nun den Wald durchzog, riss mich aus meinen Gedanken. Meine Anhänger antworteten mit ihrem eigenen, gequälten Knurren, ein Chor der Verdammten, der durch die Nacht hallte. Ich zog die Klinge aus der Erde, das Blut darauf getrocknet, und hielt sie hoch, als das Mondlicht darauf tanzte. Der Schwur war besiegelt. Die Schattenopferstätte war nun mehr als nur ein vergessener Ort – sie war der Ursprung unserer neuen Armee, der Beginn eines Krieges, der alles verändern würde.
Ich trat an den Rand des Kreises, blickte über den Ostmark-Wald, dessen Bäume von schwarzen, unnatürlichen Flammen gezeichnet waren, die in der Ferne loderten. Der Nebel waberte, dichter als je zuvor, und trug das Flüstern der dunklen Macht mit sich, ein Versprechen von Chaos und Zerstörung. „Die Grenzen fallen bald… und mit ihnen alles, was sie lieben“, flüsterte ich, meine Stimme kalt und spöttisch, während ein grimmiges Lachen tief in meiner Kehle grollte. Die Obsidianklinge in meiner Hand glänzte im Mondlicht, getränkt von meinem Blut, ein Symbol meiner unheilvollen Entschlossenheit, das selbst die Schatten zu fürchten schienen.